Auf der Jagd nach dem schwarzen Gold von Ammassalik
Die folgende Geschichte habe ich für das Fachmagazin Kutter & Küste geschrieben. In etwas anderer Form wurde der Artikel in der Ausgabe Nr. 32 veröffentlicht.
Das erste Gespräch über diese Tour fand im Januar statt. Der Wortlaut war „Hast du Interesse, im April zum Eisfischen nach Grönland zu fahren?“. Bezüglich unserer eigenen Wetterkapriolen war ich im ersten Moment nicht sehr erpicht in dieser Jahreszeit auf die größte Insel der Welt zu reisen, doch als kurze Zeit später erwähnt wurde, dass es gezielt auf schwarzen Heilbutt, gefleckten Steinbeißer und sogar auf Eishai gehen soll, kam noch am selben Tag mein OK für diese Expedition.
Ich versuche nun schon seit vielen Jahren, Jagd auf diesen speziellen Plattfisch zu machen. Als Berufsfischer ist es mir auch schon gelungen, doch mit der Angel war es bisher nicht möglich, einen dieser begehrten Fische zu fangen. Sollte es also diesmal gelingen, weit oben im Nordatlantik, auf dem Meer unter dem Eis?
Beim Landeanflug auf unseren Zielflughafen Kulusuk war von Grünland (was Grönland übersetzt bedeutet) nicht viel zu erkennen. Zugefrorene Fjorde, schneebedeckte Berge und weiße Flächen bis zum Horizont ließen das Ganze majestätisch und äußerst urtümlich erscheinen. Der Winter in dieser Region geht bis ca. Mitte Juni. Das beste Eisfischen findet jedoch von Ende März bis Anfang Mai statt. In dieser Zeit steht das Eis in den meisten Fällen konstant. Bevor wir allerdings das erste Mal fischen konnten, mussten wir noch eine Hundeschlittentour absolvieren, um an die ersten Eislöcher zu gelangen. Mit von der Partie waren Michael Janke, zwei dänische Journalisten sowie unser Guide Lars-Anker Möller und zwei Inuit, die als Fahrer fungierten. Kai Witt kam drei Tage später dazu.
Das Erlebnis bei einer Schlittentour dabei zu sein, ist wirklich sehr beeindruckend. Von Zuhause kennen wir normalen Schnee. Der Schnee auf Grönland ist wahrscheinlich der selbe, aber durch diese Mengen und vor allem durch die endlose Weite beeindruckt dieses Bild und kann wahrscheinlich mit nichts anderem verglichen werden.
Allein wegen dieser Schlittentour durch die entlegensten Winkel und fernab von irgendeiner Zivilisation ist Grönland eine Reise wert. Eine absolut unberührte Natur und eine Luft, die so trocken und klar ist, dass selbst das Atmen etwas ganz Besonderes ist. Abgesehen von den Anweisungen der Schlittenführer und den Geräuschen der Hunde herrscht dort eine Stille, die als Stadtmensch nur schwer zu verstehen ist. Das erste Fischen war ein aufregendes Erlebnis. Irgendwo auf Grönland auf einer riesengroßen Eisfläche, die keine 30 cm dick war. Unter uns ca. 300 Meter tiefes Wasser, welches Fische verbirgt, die sonst in anderen nordeuropäischen Gewässern eher den Berufsfischern vorbehalten sind. Am Horizont kleine schwarze Punkte, ebenfalls Eisfischer, die wie wir nur eines im Sinn hatten, die Jagd auf das schwarze Gold von Ammassalik.
(Inuit: Die Einheimischen, die wir vor Ort kennen lernen konnten, waren ausschließlich freundliche Menschen. Ich bin in fremden Ländern immer vorsichtig und zurückhaltend, was den Umgang mit den Einheimischen angeht, denn man darf nicht vergessen, dass wir dort hin fahren, um zu fischen. Für die Menschen vor Ort könnte es schließlich den Anschein erwecken, dass wir ihnen die Nahrungsgrundlage nehmen könnten. Allerdings muss ich auch gestehen, dass der Fischreichtum wirklich immens ist und das wissen wohl auch die Inuit.)
Beim Fischen auf dem Eis kann prinzipiell jeder angeln wie es ihm beliebt. Die Eisfläche, die befischt werden kann, ist mehrere Quadratkilometer groß. Es ist ratsam, auf die Tipps von Lars (Guide) zu hören und darauf zu achten, wo andere verschmutzte Eislöcher sind. An den verschmutzten Eislöchern wurde an den vergangenen Tagen schon gefischt und gefangen. Viele Löcher sind schon da, sollte man sich ein eigenes machen wollen, dauert es ungefähr 15 Minuten. Beim Fischen auf Wolf, Barsch und Butt kommen in der Regel kleine Naturködermontagen zum Einsatz. Haken von 2/0 bis 6/0 sind dabei vollkommen ausreichend. Als Köder dienen kleine Köderfische (lokaler Name Ammassat), die am ehesten mit unseren heimischen Stinten vergleichbar sind. Ein halber Fisch auf einen Haken ist vollkommen ausreichend. Die Drift war bei unserem Fischen verhältnismäßig schwach, so konnte die ganze Woche mit 500 Gramm gefischt werden. Dann endlich der erste Grundkontakt und nach relativ kurzer Zeit auch schon der erste Biss. Sollte das der erste schwarze Heilbutt sein? Der erste Grönländer war allerdings noch kein schwarzer Heilbutt, sondern ein toller roter Barsch um die 4 Pfund. Doch auch mein Glück sollte nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Nach ungefähr fünf Minuten Drillzeit konnte endlich der erste schwarze Heilbutt auf das Eis gelegt werden.
Ein toller Fisch von knapp vier Pfund. Leider haben die Butte nur vom Aussehen etwas gemeinsam mit ihrem großen Verwandten, an Kampfkraft sind sie eher mit den Rotbarschen zu vergleichen, so dass nur im unteren Drittel eine kurze Gegenwehr geleistet wurde. Am Ende konnte ich alleine über vierzig dieser begehrten Fische auf die Eisfläche legen. Auch wenn der neue Weltrekord nur knapp verfehlt wurde, so kann ich vielleicht behaupten die meisten schwarzen Heilbutte der Welt mit der Angel gefangen zu haben. Einer davon schrammte kurz am aktuellen Weltrekord vorbei, den letztes Jahr Kai Witt auch hier in der Nähe von Kulusuk aufgestellt hat (4.5 kg).
Jetzt fehlte noch der begehrte gefleckte Steinbeißer. In der ganzen Woche wurden von uns etliche dieser urtümlichen Fische gefangen, davon zwei der Dreißigpfundklasse. Noch nie zuvor habe ich so viele Gefleckte auf einem Haufen gesehen. Ein noch größerer hat sich oben am Eisloch verabschiedet. Leider blieb es mir vergönnt, einen dieser tollen Fische zu fangen, doch damit war natürlich klar, ich muss hierher zurück. Den Vogel schoss mal wieder Kai Witt ab, als er drei Tage später erst gegen 18.00 Uhr am Eisloch eintraf, um noch eine Drift zu machen. Einmal abgelassen und gleich einen Gefleckten gefangen. So kann es halt gehen. Eis- oder auch Grönlandhaie wurden ebenfalls mehrere gefangen, die bei den Einheimischen eher als Quälgeister verkannten Fische verheddern sich oft in den Handleinen der Fischer. Unser Problem war, dass wir jeder nur eine Rute dabei hatten. Unser Hauptaugenmerk lag bei den Butten und Wölfen. Beim nächsten Mal, soviel steht fest, wird auf jeden Fall eine zweite Rute in ein anderes Eisloch gehängt.
Eishai: Bei einer erneuten Tour in die Eiswelt Grönlands konnten Kai Witt und seine Mannen mehrere dieser Giganten auf die Eisfläche legen. Der Größte wog 305 Pfund. Die Haie werden von den Inuit komplett verwertet. Ein Teil wird mehrere Monate eingegraben, um ihn dann zu verspeisen. Auch die Haut wird verwertet. Ein anderer Teil wird als Futter für die Hunde genutzt.
Das Grönland Fazit:
Um auf die Ostseite der Insel zu kommen, sind es von Island nur noch zwei Flugstunden. Wer es also bis dorthin geschafft hat, sollte nicht zögern, den Sprung auf die größte Insel der Welt zu wagen. Unbeschreibliche Einsamkeit im Land der Eskimos, mit Fischen die sonst nur unter schwersten Bedingungen zu erbeuten sind. Dazu eine Natur, die zeitweise an die vergangene Eiszeit erinnert.
Hier gibt es die Geschichte aus dem Magazin Kutter und Kueste Heft 32